„Wettbewerbsfähigkeit beginnt mit einem guten Prozess“

Autor: Die Redaktion

Veröffentlicht am: 13.08.2021

Mit dem Anlauf der Massenproduktion hochwertiger Batteriezellen in Europa gewinnen langlebiges präzises Werkzeug und ihre Handhabungstechnik immer mehr Bedeutung. Battery-News.de sprach mit Stefan Veltum, CTO der MOESCHTER GROUP mit Sitz in Dortmund, über prozessstabile Hochleistungswerkstoffe und die Anforderungen, die die Zellfertigungslinien der Zukunft an sie stellen.

Battery-News.de: Wie hat sich der Batteriemarkt in Ihrem Bereich in den vergangenen Jahren entwickelt – und wie sehen Sie den Markt heute?
Stefan Veltum: Wir bekommen eine deutliche Steigerung der Anfragen und gemeinsamen Projekte im Markt zu spüren. Was in der Prototypenfertigung oder im Feldtest noch gut mit typischen Standardmaterialien funktioniert hat, kommt in der Serie oder im Serienanlauf dann doch öfter an seine Grenzen. Dadurch wird die Prozessstabilität gestört – und dort kommen wir auf den Plan. Genau diese zunehmenden Nachfragen zeigen uns eine stark steigende Zahl von Unternehmen, die sich im Markt der Batterieproduktion engagieren. Für uns bedeutet das den Start in unser typisches Geschäft der Beratung und des Engineerings zur Erhöhung und Sicherung der Prozessstabilität durch den Einsatz etwa von Hochleistungskeramiken.

„Keramik hat von Haus aus hervorragende Eigenschaften.“

Battery-News.de: Diese Keramiken kommen unter anderem in der Fertigung von Batteriezellen zum Einsatz. Wo finden Ihre Produkte dort Anwendung?
Veltum: Die Einsatzbandbreite ist groß, denn die Keramik hat von Haus aus hervorragende Eigenschaften – beispielsweise Verschleißbeständigkeit, elektrische Isolierung und Antihaftwirkung. Sie ist außerdem nicht magnetisierbar und mittlerweile auch schlagzäh. Diese Eigenschaften in Kombination erlauben es, ein breites Spektrum zu bedienen, wenn die Bauteile richtig ausgelegt sind. Typische Einsatzfelder liegen etwa in Vorrichtungen und Anlagen als verschleißfester, nicht brennbarer Werkstoff für Klemmbacken und Abstandshalter, oder auch in den Anlagen als elektrischer Isolator, wenn es um Greifertechnik, Handlingstechnik oder Positioniertechnik geht, oder in der Fügetechnik, zum Beispiel als Unterlage oder Spritzerschutz beim Schweißen.

„Die spröde Kaffeetasse hat gar nichts mehr mit diesen Materialien zu tun.“

Battery-News.de: Welche Vorteile haben Ihre Produkte in der Herstellung gegenüber gängigen Applikationen – und gibt es Schwachstellen, an denen Sie noch arbeiten müssen?
Veltum: Aufgrund unserer mehr als 25-jährigen Erfahrung mit dieser Werkstoffgruppe und der konsequenten Produktion in Eigenfertigung in Dortmund können wir sagen, dass die Keramik teilweise alternativlos ist. Es gibt keinen anderen verschleißfesten elektrischen Isolator – Stahl scheidet aus. Als Baugruppe zum Beispiel mit Pertinax verliert er unter anderem an Formstabilität, hat eine Fügestelle und braucht meistens mehr Bauraum. Durch die Kombination aus Präzision und Haltbarkeit schlägt unsere Keramik konventionelle Werkstoffe in der Prozesssicherheit. Sicherlich ist Keramik auch nicht das Allheilmittel, aber in den vergangenen zwei Jahrzenten hat es so große Weiterentwicklungen gegeben, dass Hochleistungskeramik mittlerweile schlagzäh und sogar duktil beziehungsweise FEM-berechenbar ist. Die typische spröde Kaffeetasse hat gar nichts mehr mit diesen Materialien zu tun!

„Meistens produzieren wir am Anfang ein Testbauteil, um die geplanten Ergebnisse zu verifizieren.“

Battery-News.de: Gewähren Sie uns gerne einen Einblick in Ihren Markt: Welche Partner und Kundengruppen beliefern Sie mit Produkten für den Batterie-Sektor?
Veltum: Wir beliefern einige deutsche OEM und den dazugehörigen Anlagenbau. Meistens arbeiten wir mit Entwicklern und Unternehmen zusammen, die sich auf Teilbereiche spezialisiert haben. Häufig liegt die Lösung ja im Detail. Über das Gespräch und die Begutachtung der Anwendung kommen wir dann zu einer Werkstoffauswahl und legen sie keramikgerecht aus. Meistens produzieren wir am Anfang ein Testbauteil, um die geplanten Ergebnisse zu verifizieren.

„Die erste Voraussetzung zur Wettbewerbsfähigkeit ein guter Prozess.“

Battery-News.de: Der Batterie-Weltmarkt wird von Asien dominiert – ein Wettstreit um Marktanteile steht bevor. Inwieweit können hochentwickelte Herstellungsverfahren und Werkstoffe uns dabei Vorteile verschaffen?
Veltum: Wir glauben, dass die erste Voraussetzung zur Wettbewerbsfähigkeit ein guter Prozess ist. Den können wir bei unseren Kunden mit unterstützen. Für die Preisentwicklung der Batterie werden aber vor allem die Rohstoffpreise mitverantwortlich sein. Deshalb gibt es nur bis zu einem gewissen Grad Eingriffsmöglichkeiten – und aus diesem Grund ergeben sich zwei weitere, sehr wichtige Stellgrößen.

„Differenzierungen in den Details können den entscheidenden Vorteil bringen.“

Battery-News.de: Welche sind das?
Veltum: Die erste Frage ist doch: Wird es nur die aktuelle Lithium-Ionen-Batterie im Auto geben oder halten auch andere Systeme, die ohne teure, seltene Materialien auskommen, Einzug in die Batterieproduktion? Dafür sind wir eng mit Forschungsprojekten verbunden. Zum Zweiten: Für eine sehr gute Effizienz der Batteriesysteme ist es essenziell, dass die im System verwendeten Materialien sauber verarbeitet und nicht kontaminiert sind. Auch hierzu kann die Keramik einen wichtigen Beitrag leisten. Wird beispielsweise Stahl als Anschlag, Greifer, Schneidmesser oder ähnliches eingesetzt, kann es zu leitendem Abrieb kommen. Mit Keramik passiert das nicht. Vollkeramische Schneidmesser werden deshalb in der Batteriefolienproduktion schon seit langer Zeit eingesetzt. Es können aber auch viel einfachere Bauteile sein – zum Beispiel die keramischen Zylinderstifte in Warenträgern oder vollkeramische Prüfstecker im EOL-Test. Hier konnten drei Prüfungen in einer vereint werden. Genau diese Differenzierungen in den Details können den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen.