Prof. Kampker: Batteriezellen sind elementarer Bestandteil der zukünftigen Mobilität und der urbanen Planung

Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker im Gespräch mit Benedikt Hürter von Battery-News.de

Wir trafen Prof. Kampker zum Gespräch über den Technologiestandort Deutschland, die Bedeutung der Universitäten und den Startschuss für eine ressourcenschonende Zukunft im Produktionscluster in Aachen.

Hürter: Herr Professor Kampker, zunächst Gratulation zur gewonnenen Ausschreibung Forschungsfertigung Batterie.

Kampker: Vielen Dank. Meine Kollegen vom Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components und ich freuen uns zusammen mit den Kollegen in Münster und Jülich, Deutschland als Technologienation für Lithium-Ionen-Batteriezellen weiter zu befähigen. Die Forschungsfabrik im Münsterland muss Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland zugänglich sein. Wir müssen es schaffen, die exzellente Forschung stärker für das Zukunftsprodukt Lithium-Ionen-Batterie zu nutzen und Deutschland an der Weltspitze zu positionieren. Die gegenseitige Zusammenarbeit hat unserer Arbeit bereits zuvor in vielfältigen Forschungsaktivitäten zu neuen Erkenntnissen verholfen. Die starke Expertise unter anderem durch Prof. Martin Winter werden wir nun gemeinsam und intensiviert zur Weiterentwicklung der Technologie nutzen. Ich bin positiv gestimmt, dass wir für viele Herausforderungen der Lithium-Ionen-Technologie wettbewerbsfähige Lösungen in naher Zukunft präsentieren können.

Hürter: Die Batteriezellfertigung gilt als sehr kostenintensiv insbesondere im Bereich des Initialaufwandes. Die Robert Bosch GmbH als wichtiger Zulieferer der deutschen Automobilindustrie hat sich beispielsweise gegen den Aufbau einer eigenen Fertigung entschieden. Wo sehen Sie Ansatzpunkte, um die Hürden für Unternehmen zu senken?

Kampker: Es stimmt, die Initialkosten sind hoch. Allerdings sind die gefertigten Batteriezellen elementarer Bestandteil der zukünftigen Mobilität und auch der urbanen Planung. An der Pilotanlage an unserem Institut untersuchen wir Möglichkeiten, um z.B. die Fertigungs- und Materialkosten senken. Um den hohen Anteil der Materialkosten zu reduzieren, forschen wir unter anderem an der Verwendung innovativer Trägermaterialien als Stromableiter in Batteriezellen. Dabei wollen wir beispielsweise durch den Einsatz von Streckgittern mit möglichst großen Gittermaschen den Materialeinsatz soweit verringern, dass wir ohne Leistungsverluste gegenüber herkömmlichen Zellen aber günstiger produzieren können. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Nutzung von Mini-Environments statt eines großes Reinraumes. So können die Energiekosten enorm gesenkt und gleichzeitig kurzfristige Änderungen besser umgesetzt werden.

Hürter: Ein Kritikpunkt an Batterien ist die Nutzung kostbarer Rohstoffe.

Kampker: Die naheliegende Lösung, an der wir auch arbeiten und die im Rahmen des neuen Förderprogramms adressiert wird, ist das Recycling. Das High-Tech Produkt Batterie können wir so weiterentwickeln, dass der gesamte Lebenszyklus optimiert wird.

Hürter: Auf dem Weg zum Interview wurden die Stickoxidmesswerte wieder einmal groß im Radio thematisiert. Gleich danach kam eine Autowerbung mit Verbrennungsmotor. Müssen wir nicht endlich umdenken?

Kampker: Überschrittene Stickoxidmesswerte sind keineswegs Einzelfälle und zeigen, dass wir die urbane Planung und besonders den Verkehr überdenken müssen. Wie sind Sie zum Interview angereist?

Hürter: Mit dem Auto…

Kampker: In Aachen bieten wir beispielsweise Elektroleihfahrräder an. So kann man sich emissionsfrei durch den Stadtverkehr bewegen. Der nächste Schritt ist die flächendeckende Einführung von Elektrofahrzeugen in der Stadt. Das Thema kann man immer weiterdenken. Aber es darf nicht bei reinem Denken bleiben, sondern es müssen die Ärmel hochgekrempelt werden und Probleme gelöst werden.

Hürter: Sollte es nicht in Deutschland getreu dem Motto sein: „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“?

Kampker: Ganz genau. Ingenieurinnen und Ingenieure haben unseren heutigen technischen Stand umfassend geprägt. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie auch die Zukunft positiv beeinflussen können. Wir planen die Schaffung eines „Humanotops“: Eine Modellstadt, die sämtliche Ressourcen selbst herstellen kann und nicht auf andere geographische Gebiete angewiesen ist. Die Denkweise „Mensch gegen Natur“ muss viel mehr der Denkweise „Mensch mit Natur“ weichen, um die begrenzten Ressourcen zu schonen und optimal zu nutzen. Im Humanotop wollen wir die Themen Energie, Wasser und Lebensmittel, Mobilität und Infrastruktur adressieren.

Weiterführende Links:

https://achimkampker.de/2019/06/03/ingenieure-retten-die-erde/

https://humanotop.earth/