
Gehört der Festkörperbatterie die Zukunft?
Autor: Maximilian Geilen
Veröffentlicht am: 18.06.2021
Kaum eine Technologie im Bereich der Batterieentwicklung steht derzeit so im Blickpunkt wie die Festkörperbatterie. Die neuen Batterien, die ohne flüssigen Elektrolyten auskommen, bieten perspektivisch deutliche Leistungsverbesserungen für die Traktionsbatterie, mehr Sicherheit und weniger kritischen Ressourcenverbrauch. Fragen und Antworten.
Wie unterscheidet sich der Aufbau zu heutigen Lithium-Ionen-Batterien und was sind die Vorteile?
Festkörperbatterien verwenden ein Elektrolyt aus festem Material anstelle des üblicherweise flüssigen Elektrolyts. Ebenso sind die Elektroden aus festem Material aufgebaut. Bei Feststoffbatterien besteht so die Möglichkeit, dass ein Teil des festen Elektrolyts in die Elektroden eingearbeitet werden kann. Es lassen sich beispielsweise Lithium-Metall-Anoden verwenden, die die Leistung zusätzlich verbessern. Die wesentlichsten Vorteile künftiger Festköperbatterien sind, dass die Energiedichte der Zellen erheblich steigt und zudem die Brandgefahr durch eine weniger ausgeprägte Entflammbarkeit des Elektrolyts abnimmt. Auch soll sich der Einsatz von Kobalt erheblich reduzieren lassen. Einige Festkörperbatterien kommen sogar gänzlich ohne Kobalt aus.
Welche Herausforderungen hemmen die Entwicklung von Festkörperbatterien?
Feste Elektrolyten leiten Ladung schlechter als flüssige. Deswegen bedarf es eines Festkörper-Elektrolyts, der zum einen sehr dicht ist und zum anderen eine hohe Leitfähigkeit für Li-Ionen aufweist. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, und in regelmäßigen Abständen sind neue Ansätze zu beobachten. Hinzu kommt, dass die Zyklenfestigkeit durch mechanische Spannungen in den festen Elektroden, die beim Entladen und Laden der Zellen entstehen, erheblich reduziert ist. Die Zellen können oftmals noch zu wenig „atmen“ und altern entsprechend schnell. In der Vergangenheit hat sich auch gezeigt, dass die Festkörperbatterie häufig zwar im Labor gute Ansätze zeigt, der letzte Schritt zu einer Industrialisierung jedoch wegen großer technischer Hürden noch nicht gemacht werden konnte.
Was ist der aktuelle Entwicklungsstand und wann wird die Technik marktreif?
Nachdem die Festkörperbatterie vor allem im vergangenen Jahr präsenter wurde, hatte man gegen Ende 2020 bereits große Hoffnungen in die Technologie gesetzt. Zu sehen war dies etwa an einem kurzfristigen Höhenflug der QuantumScape-Aktie. Als es Anfang 2021 jedoch wieder ruhiger um die Technologie wurde, durchlebte die sogenannte Solide-State-Battery eine kurze Zeit, in der vor allem kritische Stimmen lauter wurden. Einige Unternehmen, wie zum Beispiel Fisker, stoppten sogar ihre Projekte zur Festkörperbatterie.
Nach dem Hype die Flaute, dann die Renaissance
In den vergangenen wenigen Monaten wurden die Meldungen jedoch wieder positiver. Sowohl OEM wie Ford, VW und BMW als auch die Festkörperspezialisten QuantumScape und Solid Power verkündeten schließlich konkrete Projekte für die neuartigen Batterien. VW beispielweise betonte in seiner Batteriestrategie-Roadmap die Bedeutung der Festkörperbatterie als finale Ausbaustufe aktueller Elektromobilitätsentwicklungen im Konzern – und investierte nach 200 Millionen US-Dollar im Vorjahr weitere 100 Millionen Dollar in den Partner QuantumScape.
Es scheint also, als sei die Festkörperbatterie insgesamt weiter auf einem Weg zu sein, der sie in die Industrialisierung bringt. So kündigte Solid Power schon für 2022 erste automotive-taugliche Batterien für seine Partner an. Dennoch lässt sich derzeit nicht seriös abschätzen, wann mit Festkörperbatterien auf dem Automotive-Massenmarkt zu rechnen ist.
Wer sind Entwicklungstreiber?
Samsung SDI: Fertig entwickelte Feststoffbatterie-Prototypen mit einer Energiedichte von 900 Wattstunden pro Liter, die Toyota bereits bei den Olympischen Spielen 2020 in Fahrzeugen nutzen wollte.
QuantumScape: 1.000 Wattstunden pro Liter denkbar, hat verschiedene Pilotprojekte angekündigt und arbeitet eng mit Volkswagen zusammen.
Solid Power: BMW und Ford haben unlängst Partnerschaften mit dem Start-up-Unternehmen verkündet. Schon 2022 sollen erste Pilotzellen für den Automobilmarkt geliefert werden.
Hydro-Québec: Festkörperelektrolyt aus einem mit Alkalimetall dotiertem Glas, das in Zusammenarbeit mit dem 2019er Nobelpreisträger John B. Goodenough (Nobelpreis für Lithium-Ionen-Batterien) entwickelt wurde. Die Entwicklungen werden unter anderem von Daimler in einer Partnerschaft gefördert.
Forschungsinstitut TNO: Feststoffbatteriezellen, ergänzt um einen 3-D-Aufbau der Elektroden zur weiteren Steigerung der reaktiven Elektrodenoberflächen der Festkörperbatteriezellen. Das Vorhaben wird durch die niederländische Regierung mit mehreren Millionen Euro gefördert.