Fraunhofer Forschungsfertigung Batteriezelle. Battery-News.de im Gespräch mit Sebastian Kawollek, einem führenden Kopf der Produktionsplanung.

Autor: Die Redaktion

Veröffentlicht am: 13.11.2020

Wir trafen Sebastian Kawollek, Oberingenieur im Bereich Production Technology & Organization am PEM der RWTH Aachen und Experte für Fabrik-/Produktionsplanungen in der Elektromobilität, zum Interview über die aktuell entstehende Fraunhofer Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster, welche Herr Kawollek in leitender Funktion des PEMs produktionsseitig betreut.

Battery-News.de: Hallo Herr Kawollek, holen Sie uns einmal kurz ab, wie stehen Sie und das PEM zum Projekt Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster?

Sebastian Kawollek: Nachdem die Politik erkannt hat, dass es notwendig ist die herausragende Arbeit der vielen Batterieforscher in Deutschland zu skalieren, um maximalen wirtschaftlichen Nutzen zu erzeugen, wurde die Fraunhofer Gesellschaft damit betraut eine Forschungsfertigung im GWh Maßstab aufzubauen. Die Idee ist „from-Lab-to-Scale“ – das heißt, es soll untersucht werden, welche Idee nicht nur im Labor sondern auch unter Großserienbedingungen funktioniert. Der Aufbau der FFB erfolgt aber nicht ausschließlich Fraunhofer intern sondern zusammen mit den sogenannten Standortpartnern, welche das spezifische Wissen und Netzwerk zum Errichtung einer solchen Fabrik mitbringen. Im Rahmen eines Standortwettbewerbes wurden wir vom PEM zusammen mit dem MEET aus Münster ausgewählt diese Rolle zu übernehmen. Daher arbeiten wir seit Oktober 2019 zusammen an diesem Projekt. In meiner persönlichen Rolle berate ich die Geschäftsführung der FFB insbesondere hinsichtlich produktionstechnischer Fragestellungen und bringe entsprechende Erfahrungen ein.

Battery-News.de: Das Projektvorhaben will Forschungs- und Fertigungsinfrastruktur zur Befähigung der Industrie für eine ökonomische und ökologische Produktion von Batteriezellen bereitstellen und so der Wirtschaft unter die Arme greifen die dringendsten Probleme in der Batterieproduktion zu lösen. Was sind aus Ihrer Sicht die aktuell größten Herausforderungen?

Insbesondere im Hinblick auf eine CO2-neutrale Batteriezellfertigung gibt es zwei Kernherausforderungen. Wir müssen den Ausschuss im Produktionsprozess noch weiter minimieren und zudem die Energiebedarfe drastisch senken.

Battery-News.de: Wie kann das aus Ihrer Sicht gelingen?

Sebastian Kawollek: In Bezug auf die Energiekosten lohnt es sich auf die großen Verbraucher zu fokussieren. Diese sind aus unserer Sicht die Trockenräumen, das Trocknen der Elektrode und das End-of-Line-Testing (EoL). Bei den Trockenräumen untersuchen wir insbesondere wie kleinere Räume sogenannte Mini- und Microenvironments eingesetzt werden können. Beim Trocken liegt ein Fokus darauf die Konvektionstrocknung durch gezielte Einbringung von Wärme beispielsweise durch Laser- oder Induktionsprozesse zu unterstützen und so energieeffizienter zu machen. Dies hat zusätzlich den positiven Nebeneffekt, dass Prozesszeiten reduziert werden können. Ein ähnlicher Ansatz gilt auch für den EoL Bereich. Gelingt es weniger zu testen sinken Energiebedarf und Fertigungskosten. Ich bin fest davon überzeugt, dass die für die FFB geplante durchgängige Digitalisierung aller Prozessschritte es uns ermöglichen wird hier radikal einzusparen.

Battery-News.de: Was meinen Sie damit genau? Wie soll das funktionieren?

Sebastian Kawollek: Aktuell existiert für keine uns bekannte Batteriezellfertigung ein gänzlich holistisches digitales Abbild mit dem es möglich wäre Prozess-Interdependenzen aufzudecken. Entsprechend ist die Batteriezellfertigung an vielen Stellen eine Blackbox. Gelingt es uns hier Licht ins Dunkel zu bringen, können Testumfänge stark reduziert werden. In einem sehr spannenden Artikel beschreibt Sebastian Wolf (Anmerkung der Redaktion: aktuell CEO von Farasis) das „Aging on Demand“. Die Idee den Prozess so gut verstanden zu haben, dass nur ausgewählte Zellen umfangreich überprüft werden müssen. Ich persönlich glaube dies ist eine Vision die sich insbesondere mit den Stärken des deutschen Maschinen und Anlagenbaus im Themenfeld der Industrie 4.0 umsetzen lässt. Zudem gehe ich davon aus, dass uns dieser Lernprozess dazu befähigt auch im Post-Lithium-Bereich erfolgreich zu sein.

Battery-News.de: Glauben Sie, dass wir bald in diese Ära eintreten werden oder bleibt uns die LiB noch eine Weile erhalten?

Sebastian Kawollek: Es gibt noch viel zu tun, um Post-Lithium-Batterien zu entwerfen und herzustellen. Am PEM sind wir inzwischen gut aufgestellt, was die Fertigungstechnologie hierfür angeht und konnten in unserem Projekt Next-Gen-Bat wertvolle Erfahrungen sammeln. Aktuell ist das Themenfeld aber noch im Labor zuhause. Die Entwicklung und Industrialisierung der LiB hat uns gezeigt, dass selbst die optimistischen Prognosen um 2015 noch deutlich zu pessimistisch waren. Also hoffen wir mal, dass das auch für die nächste Generation noch leistungsfähigerer Batterien gilt. Lab-to-Scale ist unser Thema und wir laden jeden ein das Thema Batterieentwicklung zusammen mit uns voranzutreiben.

Battery-News.de: Herr Kawollek, wir bedanken uns für das angenehme Gespräch.