
Zukunft der Batterie – Die Lithium-Schwefel-Batterie
Autor: Die Redaktion
Veröffentlicht am: 23.07.2020
Wie unterscheidet sich der Aufbau zu heutigen Lithium-Ionen-Batterien und was sind die Vorteile?
Im Gegensatz zu den Lithium-Ionen-Batterien erfolgt bei der Lithium-Schwefel-Batterie keine Interkalation von Lithium-Ionen. Abzugrenzen sind wiederum die nicht bei Raumtemperatur betreibbaren Metall-Schwefel-Batterien, die hier nicht weiter behandelt werden. Die Kathode besteht bei den betrachteten Lithium-Schwefel-Zellen aus einer Mischung von Schwefel und Kohlenstoff. Das Kathodenmaterial kann als S8, Li2S oder als S-PAN (Schwefel in PAN-basiertem Kohlenstoff) ausgeführt sein. Schwefel an sich ist ein Nichtleiter und muss daher in eine leitfähige Umgebung wie das Graphitgitter eingebracht werden. Das richtige Verhältnis von Schwefel und leitendem Umgebungsmaterial ist für die Funktions- und Leistungsfähigkeit entscheidend. Als Elektrolyte kommen organische Lösungsmittel mit Leitsalzen in Frage. Geforscht wird auch an Festkörperelektrolyten. Die Anode ist klassischerweise ein Lithium-Metall.
Vorteile der Lithium-Schwefel-Batterie ist die, im Vergleich zur heutigen Lithium-Ionen-Batterie, deutlich höhere gravimetrische Energiedichte von rund 2600 Wh/kg oder anders, bei gleicher Leistung sind Li-S-Batterien deutlich leichter. Neben kaum Wartungsaufwand sind bei der Lithium-Schwefel-Batterie die Kosten für die Grundrohstoffe erheblich reduziert, vor allem weil die Möglichkeit besteht auf die Elemente Kobalt und Nickel zu verzichten.
Welche Herausforderung hemmen die Entwicklung von Lithium-Schwefel-Batterien?
Allen Vorteilen der Lithium-Schwefel-Batterie stehen vier Hauptherausforderungsbereiche entgegen.
- Die Volumenänderung: Im Rahmen der Lade- und Entladevorgänge kommt es zu starken Volumenschwankungen von bis zu 80%. Das Produkt Li2S hat im Vergleich zum elementaren Schwefel eine deutlich verringerte Dichte. Lithium-Ionen-Systeme „atmen“ im Vergleich nur mit Volumenänderungen von ca. 10%. Forscher der Monash Universität haben unlängst ein neues Bindemittel vorgestellt, mit dem dieser Effekt eingedämmt werden kann.
- Schwefel als Isolator: Eine zweite Herausforderung ergibt aus der Eigenschaft des Schwefels als Isolator und somit einer sehr schlechten elektrischen Leitfähigkeit. Hier wird intensiv nach Möglichkeiten erforscht, um dennoch eine ausreichende Leitfähigkeit entsprechend den Anforderungen für die chemische Reaktion zu erhalten. Eine Möglichkeit ist die aufgezeigte Trägerstrukturbildung mit Kohlenstoffgittern. Darüber hinaus gibt es Ansätze zur Integration in leitfähige Polymere.
- Der Shuttle-Mechanismus: Besondere Bedeutung kommt dem Shuttle-Mechanismus zu. Gelöste Polysulfide „shuttlen“ zwischen Anode und Kathode und verursachen Nebenreaktionen in Form einer Reoxidation an der Kathode (führt zur Verlängerung der Polysulfide) bzw. mit dem Lithium-Metall der Anode (führt zur Ablagerung von Lithiumsulfid). Es entsteht ein Kreislauf. Während des Entladeprozesses kommt es zur Reaktion von Polysulfiden mit z.B. Li2S und Bildung niedrig gradiger Polysulfide. Es findet somit unkontrolliert eine Reaktion an der Anode statt. Der Mechanismus führt letztlich zum Verlust von Schwefel an den benötigten Stellen und zu einer reduzierten Einsetzbarkeit. Weiterhin kann sich bei nicht ausreichender Wärmeabfuhr die Zelle aufheizen. Der Shuttle-Mechanismus schützt vor einer ungewollten Überladung. Nachteilig stellen sich die verringerte Effizienz und die verstärkte Selbstentladung dar. Vielversprechend erscheinen hier spezielle teildurchlässige, selektive Separatoren oder der Einsatz von Festkörperelektrolyten. Darüber hinaus können Elektrolytadditive positiven Einfluss haben. Aerogele stellen einen weiteren vielversprechenden Ansatz dar.
- Die Lithium-Metallanode: Das Lithium-Metall ist entscheidend für die große gravimetrische Energiedichte, gleichzeitig aber auch Ursache für die geringe Zyklenstabilität. Das stark negative Reduktionspotenzial führt zu großer Reaktionsfreude mit allen Bestandteilen. Der Verzicht auf das Metall und der Ersatz z.B. durch Silizium würde zu einer deutlichen Verschlechterung der Eigenschaften führen.
Was ist der aktuelle Entwicklungsstand und wann wird die Technik marktreif?
Es bleibt festzuhalten, dass die Kombination von Lithium und Schwefel bezüglich der zu erreichenden Leistungseigenschaften großes Potenzial besitzt. Es scheint abzusehen, dass hier ein neuer Technologiesprung entwickelt wird, der wiederum als Befähiger für vielfältige Anwendungen dienen wird. Neben den Leistungseigenschaften versprechen auch der ökologische Fußabdruck und der zu erwartende Preis großes Potenzial, um mittelfristig die Lithium-Ionen-Technologie zu ergänzen. Auf dem Weg zur Kommerzialisierung und Serienfertigung sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Das Interesse insbesondere der Luft- und Raumfahrt wird die Entwicklung vorantreiben.
Wer sind Entwicklungstreiber?
Department of Mechanical and Aerospace Engineering, Monash University: World’s most efficient lithium-sulphur battery, capable of powering a smartphone for five continuous days
Fraunhofer IWS Dresden: Optimierte Lithium-Metallanodenfertigung (Fördergeber: BMBF)
OXIS Energy Ltd.: Entwicklung von innovativen Lithium-Schwefel-Batterien
Meinung der Rekation:
Lithium-Schwefel-Batterien werden sich aller Vorrausicht nach in den nächsten Jahren auf dem Markt etablieren können, da die Technik bereits sehr ausgereift wirkt.
Battery-News.de rechnet mit einer Wahrscheinlichkeit der Marktetablierung innerhalb der nächsten 10 Jahren von 95%.