Zellchemie – Einfache Materialen mit komplexen Wechselwirkungen
Beim Li-O2-System handelt es sich nicht um eine Interkalationsbatterie wie in einer Li-Ionen-Zelle, sondern um eine Konversionsbatterie. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass beim Laden und Entladen chemische Bindungen gebrochen und wiederaufgebaut werden. Lithium ist ein starkes Reduktionsmittel und Sauerstoff das wohl bekannteste Oxidationsmittel, was sich in einer elektrochemischen Zelle als Redoxreaktion nutzen lässt. Wie bereits in Abbildung 1 gezeigt, ist die Gesamtreaktion die reversible Bildung eines Lithiumoxids aus Lithium und Sauerstoff:
2 Li + O2 ⇄ Li2O2 (Reaktion 1)
Neben dem Hauptreaktionsprodukt, Lithiumperoxid (Li2O2), sind weitere Entladungsprodukte wie Lithiumoxid (Li2O) oder Lithiumhydroxid (LiOH) möglich, welche hier aber nicht weiter betrachtet werden. Rechnet man die Reaktionsenthalpie in eine elektrochemische Größe um, so ergibt sich für die Bildung von Li2O2 eine theoretische Zellspannung von 2,96 V. Multipliziert man diese Spannung mit der spezifischen Kapazität des Entladungsproduktes (1168 mAh/g), so ergibt das die maximal mögliche spezifische Energie der Batterie, welche bei 3460 Wh/kg liegt [3].
Die Teilreaktionen der Entladung von Lithium-Sauerstoff-Batterien wurden in den letzten Jahren gründlich erforscht und es konnte sich ein Modell etablieren [5]. An der Anode gibt das Lithium sein Valenzelektron (e–) ab, welches durch einen externen Stromkreis wandert. Gleichzeitig wird das Lithiumion (Li+) durch den Elektrolyten zur Kathode transportiert:
Li → Li+ + e– (Reaktion 2)
An der Kathode wird als erstes der Sauerstoff reduziert (ORR: Oxygen Reduction Reaction), was vergleichbar mit den Prozessen in einer Brennstoffzelle ist. Zusammen mit dem Lithiumion bildet sich anschließend ein Zwischenprodukt:
O2 + e– → O2– (Reaktion 3)
Li+ + O2– → LiO2 (Reaktion 4)
Der Schlüssel zur Kontrolle dieser mehrstufigen Reaktion ist eben dieses Zwischenprodukt, das Lithiumsuperoxid (LiO2). Es ist eines der hochreaktiven Intermediate, welches andere Materialien in der Batterie angreifen kann und sich negativ auf die Lebensdauer der Batteriekomponenten auswirkt. In Abhängigkeit verschiedener Paramater eröffnen sich nun zwei Wege, auf denen das Superoxid in ein Peroxid umgewandelt werden kann:
LiO2 + e– + Li+ → Li2O2 (Reaktion 5a)
2 LiO2 → Li2O2 + O2 (Reaktion 5b)
Bei Reaktion 5a handelt es sich um einen weiteren elektrochemischen Reduktionsschritt an der Kathodenoberfläche, bei Reaktion 5b findet eine Disproportionierung statt. Das finale Entladungsprodukt Li2O2, wächst bei der Entladung der Batterie auf der Oberfläche der Kathode auf. Dadurch entstehen beispielsweise Schichten im Nanometerbereich oder auch Partikel mit einem Durchmesser, der im unteren Mikrometerbereich liegt und welche ich dann gut in einem Elektronenmikroskop beobachten lassen [3]. Die Entladekapazität der Batterie ist proportional zur abgeschiedenen Menge an Entladungsprodukten. Dadurch, dass der Sauerstoff bei der Entladung chemisch in der Gasdiffusionselektrode gebunden wird, kommt es zu einer weiteren bemerkenswerten Eigenschaft der Li‑O2‑Batterie: Sie wird durch das Entladen schwerer.
Beim Laden wird das Lithium wieder als Metall an der Anode abgeschieden und der Sauerstoff an der Kathode freigesetzt (OER: Oxygen Evolution Reaction). Im einfachsten Fall handelt es sich dabei um die Umkehr des Reaktionspfades für die Entladung, was in der Realität jedoch durch deutlich komplexere Mechanismen mit starker Abhängigkeit von den Parametern der vorausgegangenen Entladung geschieht.