„Möchten in Zukunft nichts mehr so machen, wie es heute ist“: Innovationen in der Batterieproduktion

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„Nichts mehr so machen, wie es heute ist“: Innovationen in der Batterieproduktion

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Autoren: Die Redaktion

Veröffentlicht am 29.04.2022

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Vor einem Monat kündige die Blackstone Technology Holdig AG die Markteinführung 3-D-gedruckter Natrium-Ionen-Feststoffbatterien für das Jahr 2025 an. Um die Technologie persönlich kennenzulernen, besuchte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmar daraufhin das Werk in Döbeln. „Battery-News.de“ begleitete das Event und sprach mit Holger Gritzka, CEO von Blackstone Technology. Das Interview gibt Einblicke in die Technologie zur Herstellung von Batterien im 3-D-Druckverfahren und weitere Innovationen entlang der gesamten Prozesskette.
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Battery-News.de: Der Produktionsprozess von Lithium-Ionen-Batterien ist einigermaßen standardisiert. Welche Änderung in dieser bekannten Fertigungskette gibt es durch ihren innovativen Ansatz des 3-D-Druckens?
Holger Gritzka: Zunächst mal: Wir möchten in Zukunft nichts mehr so machen, wie es heute ist. Warum? Ich bin seit mittlerweile 14 Jahren auf dem Gebiet der Lithium-Ionen-Zellfertigung unterwegs, habe dabei weltweit viele Produktionsstätten gesehen und kann für mich behaupten: So sollte man keine Batteriezellen bauen. Davon bin ich fest überzeugt. Batteriezellen sollte man eher so fertigen, wie man Halbleiter herstellt. Soll heißen: Man hat eine Verkettung von Produktionsschritten und kann auf denselben Maschinen alle möglichen Batteriezellen produzieren, wie man heute auch alle möglichen Halbleiter herstellt – und das auf Basis von Druckprozessen mit hohem Tempo. Wir haben mit einem Verfahren begonnen, das hohe Geschwindigkeiten verspricht, und ich kann jetzt schon verraten, dass die zweite Generation unserer Fertigungslinie nur noch die Hälfte der bisherigen „CapEx“- und „OpEx“-Kosten verursacht. Vor allem der Energieverbrauch im Vergleich zum aktuellen „Die Coating“-Prozess ist deutlich geringer. Die Maschinen sind äußerst klein, extrem kompakt und ermöglichen damit eine sehr hohe Wettbewerbsfähigkeit.
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Ausdruck des Fortschritts: CEO Holger Gritzka (von links), CFO Danny Weckwarth, CMO Serhat Yilmaz und Ministerpräsident Michael Kretschmer begutachten eine im 3-D-Drucker entstandene Anode.
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Battery-News.de: Als innovatives Unternehmen verwenden Sie Maschinen und Anlagen, deren Nutzung sich ein OEM in der Großserienfertigung noch nicht zutraut. Welche Vorteile ergeben sich durch Ihren Druckprozess etwa auf die Anwendung des kontinuierlichen Mischens und welchen Einfluss hat Ihr Verfahren auf die vorgelagerten Prozessschritte?
Gritzka: Heutzutage werden die Slurries in der Regel in Batches produziert. Die entsprechenden Anlagen sind sehr groß, und die Herstellung benötigt viel Zeit. Ehe so ein Slurry dann tatsächlich fertig ist und verarbeitet werden kann, vergehen bis zu sechs Stunden oder mehr. Bei uns sind es zehn Minuten, in denen wir kontinuierlich hochviskose Pasten produzieren – wir verwenden gar keine Slurries. Bis zur fertigen Elektrode vergehen also maximal 15 Minuten. Wir können im Prinzip alles – auch nickelreiche Kathodenmaterialien – mit Wasser prozessieren. Insgesamt ergeben sich da sehr viele Vorteile. Allem voran, überhaupt Pasten zu verwenden und damit wesentlich weniger Lösungsmittel zu benötigen. Wenig Lösungsmittel in der Elektrode bedeutet, auch weniger Energie zu brauchen, um das da wieder herauszubekommen. In der Konsequenz sind die Trockenstrecken auf einen oder zwei Meter verkürzt anstatt wie bisher siebzig Meter lang, was extrem viel Equipment und sehr viel Energie spart. Das ist aus meiner Sicht die Zukunft.

Battery-News.de: Fernab von Durchlauföfen existieren noch andere Trockensysteme, zum Beispiel Lasertrocknen. Wie beurteilen Sie solche Anwendungen für Ihre Technologien?
Gritzka: Alles, was dabei hilft, Prozesse zu verkürzen und preiswerter zu machen, ist willkommen. Wir haben uns das Lasertrocknungsverfahren sehr genau angesehen. Da fehlt uns noch das Vertrauen in die Prozesssicherheit. Wir haben andere Trocknungssysteme – auch andere als Konvektionstrocknungssysteme –, die jetzt schon gut funktionieren, die Anlagentechnik noch mal verkürzen und alles noch kompakter machen.

Battery-News.de: Bei Ihrer offiziellen Produktvorstellung haben sie auch einen „digitalen Zwilling“ Ihrer gesamten Fertigung präsentiert. Wie setzen Sie dieses Instrument konkret ein, und welche Erfolge können Sie damit erzielen?
Gritzka: Der digitale Zwilling ist ein Werkzeug, das uns extrem dabei hilft, Schwachstellen zu entdecken: Wo werden am meisten Energie, Personalressourcen und anderes verbraucht, und was müssen wir uns als Nächstes ansehen, damit die Produktion besser wird? Außerdem können wir den digitalen Zwilling dazu verwenden, neue Prozesstechnologien zu evaluieren. Beispiel „3-D-Druck“: Wenn wir darüber sprechen, dann kommt man schnell darauf, außer der Elektrode auch alles Mögliche andere auf diesem Wege herzustellen. Das wirft Fragen auf: Was bringt es konkret, etwa den Separator zu drucken? Welche Einsparung erziele ich, welche Maschinen muss ich eigens dafür beschaffen, und was ist unterm Strich dann der Nutzen? Mit dem digitalen Zwilling kann man wunderbar solch ein Szenario simulieren: Baut man sich virtuell noch eine Maschine zu, die den Separator herstellt, den man dann nicht mehr kaufen muss, weil die zugrundeliegenden Materialien Cent-Artikel darstellen, die weltweit überall verfügbar sind?
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Digitaler Einblick: Ein CAD-Rendering der Elektrodenfertigung von Blackstone Technology.
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Battery-News.de: Gibt es darüber hinaus bei Ihnen noch weitere Anwendungsbereiche für den digitalen Zwilling?
Gritzka: Tatsächlich setzen wir ihn auch zur Optimierung ein. Das Monitoring ist noch mal ein ganz anderes Thema. Was wir hier implementieren, ist quasi ein cyberphysisches System, das sämtliche Produktionsdaten aufnehmen und sie so darstellen kann, dass wir nicht nur eine hundertprozentige Produktrückverfolgbarkeit haben – was ja bereits „State of the Art“ ist –, sondern mit künstlicher Intelligenz auch Vorhersagen machen können. Diese Prognosen sind insofern wichtig, als dass sich voraussagen lässt, was in der Produktion als Nächstes geschieht und inwiefern sich daraufhin bestimmte Parameter bewegen. Und das alles aus der Erfahrung heraus. Mit „Machine Learning“ möchten wir unsere Anlagen weiterentwickeln.

Battery-News.de: Haben Sie da schon weitere Innovationen wie eine neue Drucktechnik vor Augen, vielleicht eine Änderung im Prozess selbst wie beispielsweise das direkte Drucken übereinander?
Gritzka: Wir haben vor Kurzem ein Projekt zum 3-D-Drucken von Natrium-Ionen-Batterien gestartet. Dazu errichten wir eine Prototypen-Anlage, die die gesamte Batterie mit sämtlichen Schichten nacheinander drucken können soll. Ziel des Projekts ist es, wirklich auch das Assemblieren zu substituieren, so dass es kein „Pick-and-Place“ mehr von irgendetwas gibt. Ich bin der festen Überzeugung, dass man auf diese Art und Weise auch niemals erfolgreich eine Solid-State-Batterie produzieren kann. Sämtliche Akteure versuchen derzeit noch, die vorhandene Maschinentechnik zu nutzen, um so etwas künftig zu können, aber unserer Einschätzung nach ist das vergebene Liebesmüh – das wird nie funktionieren. Ganz einfach aufgrund der Grenzschichtenproblematik: In dem Augenblick, wenn ich etwas übereinanderlege, muss ich es dann auch irgendwie noch zusammenpressen. Im besagten Projekt – das auch für unsere Verhältnisse sehr groß ist – geht es um das komplette Drucken einer Batteriezelle. Wir haben im März 2021 schon mal gezeigt, dass man Festkörperbatteriezellen prinzipiell drucken kann.
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Frisch aus dem 3-D-Drucker: Eine Feststoffbatterie mit Natrium-Anode.
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Battery-News.de: Welche konkreten Erkenntnisse haben Sie damals gewonnen?
Gritzka: Was wir im Labor nachgewiesen hatten, war nicht die beste Zelle der Welt – aber das war auch gar nicht das Ziel. Vielmehr ging es darum nachzuweisen, dass wir einen Festkörperelektrolyten drucken kann – insbesondere unseren eigenen. Wir können Kathodenkomposite drucken und alles mit guten Grenzschichten übereinanderbringen. Wir haben keine Stützstrukturen, keinen äußeren Druck etwa zur Optimierung der Grenzschichten und keine 60 Grad Celsius – es funktioniert einfach „as it is“, bei Raumtemperatur.

Battery-News.de: Welchen Elektrolyten verwenden Sie? Oxidisch, sulfidisch oder doch ein Polymerelektrolyt, angereichert mit Salzen in einer Matrix?
Gritzka: Tatsächlich keinen davon. Es handelt sich um einen polykristallinen Stoff, der sich hervorragend dazu eignet, solche Elektrolyte herzustellen: sehr stabil, gut verdruckbar, gänzlich ohne Polymere. Mit der Natrium-Feststoffbatterie werden wir so auf jeden Fall 350 Wattstunden pro Kilogramm erreichen – möglicherweise auch mit allʼ den Nachteilen, die man mit Natrium gegenüber Lithium in Kauf nehmen muss, aber das ist auf jeden Fall ein gut erreichbarer Wert, keine Utopie und auch für die nächste Generation der Batterien ein ordentlicher Schritt nach vorne. Hervorragend an unserem Elektrolyten ist: Wir können beliebig auch das Kation austauschen – das muss kein Natrium sein, auch Lithium ist möglich. Auch 400 oder 500 Wattstunden pro Kilo könnten wir so erreichen. Wir nehmen Natrium, weil es in unseren Augen einfach besser ist. 2021 hat ein Kilogramm Lithium noch zehn US-Dollar gekostet – heute liegt es bei 65 Dollar. Natrium ist außerdem tausendmal mehr verfügbar als Lithium. Wir müssen die Dinge anders denken, als wir es bisher getan haben, ansonsten werden wir immer mehr nur in eine weitere Detail-Optimierung kommen – so wie beim Verbrennungsmotor, der schon vor zehn Jahren fast seinen maximalen Wirkungsgrad erreicht hatte. Wir müssen große Schritte machen, nicht nur kleine.
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