Viele Akteure sprechen darüber, doch nur wenige verwirklichen sie: die Kreislaufwirtschaft. Was Altilium anders macht als die Konkurrenz und wie vor kurzem die Herstellung einer Batterie aus 100 Prozent recyceltem Material gelungen ist, erzählt Dr. Christian Marston, Mitgründer, Präsident und COO des britischen Batteriematerial- und Recycling-Unternehmens Altilium, im Exklusiv-Interview mit den Battery-News.
Battery-News: Worin liegt die Leitidee Ihres Unternehmens?
Dr. Christian Marston: Wir glauben an eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft und haben es uns zur Aufgabe gemacht, Batteriematerialien auf effiziente Weise zurückzugewinnen – mit dem Ziel, sie bestmöglich wieder in neue Batterien zu integrieren. Unser Fokus liegt dabei vor allem auf kritischen Metallen wie Kobalt, Nickel und Lithium.
Battery-News: Was unterscheidet Ihren Recycling-Prozess von klassischen pyrometallurgischen oder hydrometallurgischen Verfahren?
Marston: Unsere Technologie – das „EcoCathode“-Verfahren – arbeitet mit industriell verfügbaren, aber vergleichsweise umweltfreundlichen Chemikalien. Dadurch erreichen wir Rückgewinnungsraten von mehr als 90 Prozent für kritische Metalle. Im Gegensatz zu herkömmlichen pyrometallurgischen Prozessen, die sehr energieintensiv sind und CO2 ausstoßen, ist unser Prozess kohlenstoffarm. Wir erhalten bis zu 99 Prozent des enthaltenen Graphits zurück – was bei vielen Verfahren nicht der Fall ist. Wir möchten sämtliche Batteriekomponenten so weit wie möglich aufarbeiten, anstatt sie nur auf Rohmaterialebene zurückzuerlangen. So entsteht ein echter Upcycling-Prozess: Aus alten NMC111-Zellen mit 15 Jahren Lebensdauer gewinnen wir hochwertige Bestandteile, die wir zu modernen NMC811-Vormaterialien verarbeiten.
„Recycelte Ressourcen können die Leistung neu abgebauter Materialien erreichen und sogar übertreffen.“
Battery-News: Altilium hat gemeinsam mit dem „UK Battery Industrialisation Centre“ eine Batterie aus 100 Prozent recyceltem Material hergestellt. Wie ist das gelungen?
Marston: Unser Geschäftsmodell wird von drei großen Säulen getragen: die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Altbatterien, die Herstellung von aktiven Kathodenmaterialien aus diesen recycelten Stoffen – also echtes Upcycling – und die Rückführung in eine lokale Lieferkette. Im Rahmen eines staatlich geförderten Projekts haben wir mit dem „Imperial College London“ Batteriezellen aus vollständig recyceltem Kathoden-Aktivmaterial gebaut und erfolgreich getestet. Die Leistung war vergleichbar mit derjenigen von Zellen aus Primärmaterial – in einigen Fällen war sie sogar besser. Das zeigt: Recycling-Materialien sind praxistauglich und leistungsfähig. Der erste Schritt zur Validierung unserer recycelten Materialien war also die Zusammenarbeit mit dem „Imperial College London“, bei der sich herausstellte, dass recycelte Ressourcen die Leistung neu abgebauter Materialien erreichen und sogar übertreffen können. Darauf folgte die Produktion von Pouch-Zellen beim UKBIC mit einem Anteil recycelter Materialien, die den Vorgaben der neuen EU-Batterieverordnung entsprechen. Erste Tests beim UKBIC verliefen positiv, so dass die Zellen jetzt zur weiteren Validierung an einen Automobilhersteller geschickt worden sind.
„Das Recycling von inaktiven Komponenten wie Separatoren oder Elektrolyten ist technisch komplex, wird aber langfristig sicherlich ein Thema werden.“
Battery-News: Arbeiten Sie auch daran, die sogenannten inaktiven Materialien wie Separatoren oder Elektrolyte zu recyceln?
Marston: Aktuell konzentrieren wir uns auf die Rückgewinnung der wertvollsten Bestandteile, insbesondere der aktiven Materialien wie Nickel, Kobalt, Mangan und Graphit. Das Recycling von inaktiven Komponenten wie Separatoren oder Elektrolyten ist technisch komplexer und steht derzeit noch nicht in unserem Fokus – aber langfristig ist das sicherlich ein Thema.
Battery-News: Wie gelingt Ihnen die Skalierung – auch vor dem Hintergrund politischer Rahmenbedingungen wie dem „Critical Raw Materials Act“?
Marston: Unser technisches Entwicklungszentrum in Südwest-England produziert heute schon Material im Kilogramm-Maßstab. Daraus entwickeln wir standardisierte Flowsheets, die wir auf unsere industrielle Großanlage in Teesside skalieren. Das wird eine der größten Batterie-Recycling-Anlagen in Europa, und wir profitieren dabei von der Nähe zu existierenden Chemieparks mit Zugang zu „grüner Energie“ – ein echter Standortvorteil.
„Der Schlüssel liegt darin, gemeinsam Validierungsprozesse zu gestalten und die Material-Performance transparent zu belegen.“
Battery-News: Wie überzeugen Sie OEMs davon, recycelte Materialien einzusetzen?
Marston: Die Nachfrage ist definitiv gestiegen – vor allem, seitdem die neuen Batterieregulierungen auf EU-Ebene konkrete Quoten für Recycling-Anteile vorschreiben. Wir haben bereits mit mehreren OEMs und Zellherstellern Testläufe vorgenommen – mit sehr positiven Ergebnissen. Der Schlüssel liegt darin, gemeinsam Validierungsprozesse zu gestalten und die Material-Performance transparent zu belegen. Genau das machen wir mit Partnern wie dem „UK Battery Industrialisation Centre“.
Battery-News: Viele Akteure sprechen über Kreislaufwirtschaft, aber vergleichsweise wenige setzen sie wirklich um. Was macht Altilium anders?
Marston: Wir verfolgen einen klaren „Urban Mining“-Ansatz. Alte Batterien sind unsere Minen der Zukunft. Wir wollen die Materialien vollständig in der Region halten – keine Schwarzmasse-Exporte mehr nach Asien. Dafür entwickeln wir eine „Pipeline“ vom Rückbau über das Recycling bis hin zur Herstellung neuer Batteriematerialien: CO2-arm, lokal, zirkulär. Das dürfte uns von vielen Mitbewerbern fundamental unterscheiden.