„Wo es kaum Normen gibt, entscheidet die Erfahrung“

Mechanische Batterie-Prüfung: aufwendig und kostenintensiv – aber unverzichtbar für Sicherheit, Lebensdauer und Performance der Akkus. Wie der international agierende Prüfmaschinenhersteller ZwickRoell auf die sich schnell verändernden Bedarfe reagiert, erzählt Industriemanagement-Leiter Dr. Simon Vitzthum im Exklusiv-Interview mit den Battery-News.

Battery-News: Die Batterie-Industrie wächst weltweit. Weshalb ist gerade in diesem Bereich die mechanische Prüfung so bedeutsam?
Dr. Simon Vitzthum: Die Automobilindustrie – als einer unserer wichtigsten Märkte – befindet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess hin zur Elektromobilität. Dabei steht die Batterie im Mittelpunkt, sowohl was ihre Leistungsfähigkeit als auch ihre Sicherheit betrifft. Dazu leisten mechanische Prüfverfahren einen entscheidenden Beitrag, weil sie es ermöglichen, die strukturelle Integrität und das Verhalten der Batteriezellen unter realen Belastungsbedingungen zu untersuchen. Das ist essenziell, um sowohl die Sicherheit als auch die Lebensdauer der Zellen zu gewährleisten. Ein weiterer Punkt ist die Reproduzierbarkeit. Viele Versagensmechanismen in Batteriezellen – etwa bei Stößen oder bei Druckbelastung – lassen sich nur mit standardisierten mechanischen Prüfverfahren nachvollziehbar untersuchen und miteinander vergleichen. Gerade in der Entwicklung neuer Zellformate und Materialien ist das ein enormer Vorteil.

Battery-News: Was genau hat Sie für das Thema „Batterieprüfung“ sensibilisiert?
Vitzthum: Das war ganz klar unsere enge Zusammenarbeit mit Kunden. Wir beobachten sehr genau, wie sich Märkte entwickeln, und reagieren auf konkrete Anfragen. Oft beginnt es mit einem Prüfbedarf an einer Elektrode, dann folgen Fragen zur Zelle oder zum Modul. Daraus ergeben sich neue Anwendungsfelder. Neben der Industrie sind auch Universitäten und Forschungseinrichtungen wichtige Impulsgeber. Diese Kombination aus Kundenprojekten und wissenschaftlicher Zusammenarbeit treibt unsere Weiterentwicklung maßgeblich voran.

„Natürlich ist mechanische Prüfung aufwendig und kostenintensiv – aber eben auch unverzichtbar für Sicherheit, Lebensdauer und Performance.“

Battery-News: Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Prüfverfahren mit der Dynamik der Batterieproduktion – etwa in Gigafabriken – mithalten können?
Vitzthum: Natürlich ist mechanische Prüfung aufwendig und kostenintensiv – aber eben auch unverzichtbar für Sicherheit, Lebensdauer und Performance. Unser Ziel ist es, hocheffiziente, zielgerichtete und möglichst automatisierte Prüfansätze zu entwickeln, die reproduzierbare Daten liefern – unabhängig vom Bediener. Wichtig ist dabei, mechanische Prüfungen schon in der Forschung und Entwicklung einzuplanen. Dafür haben wir eigene Batterielabore unter anderem in Ulm und in Shanghai eingerichtet, wo wir Hand in Hand mit Kunden an individuellen Lösungen arbeiten.

Battery-News: Sie sagen, dass Batterieprüfung weit mehr ist als „End of Line“-Testing. Wie sieht Ihr strategischer Ansatz aus?
Vitzthum: Genau: „End of Line“-Testing allein ist zu spät. Unser Ansatz besteht darin, die Prüfung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu begleiten. Wir unterscheiden drei Ebenen: die Zellkomponenten – beispielsweise Aluminium- und Kupferfolien oder Separatoren –, dann die Batteriezelle selbst und schließlich das Batteriesystem, also der Hochvoltspeicher als Ganzes. Jede Ebene bringt ihre eigenen Anforderungen mit sich – von der Prüfung dünnster Materialien bis hin zu strukturellen Tests im Systemverbund. Der Schlüssel ist, möglichst früh mit dem Prüfen zu beginnen und eine durchgängige Strategie zu verfolgen.

„Neue Technologien wie Solid-State-Batterien bringen spezifische Herausforderungen mit sich – etwa die Volumenzunahme beim Ladevorgang.“

Battery-News: Batteriezellen unterscheiden sich stark in Bauform und Material. Wie flexibel können Ihre Prüfverfahren darauf reagieren?
Vitzthum: Die Vielfalt ist tatsächlich enorm, von der Pouch- über die prismatische bis hin zur Rundzelle – und es kommen neue Technologien wie „Solid-State“-Batterien dazu, die spezifische Herausforderungen mit sich bringen: etwa das „Swelling“, also die Volumenzunahme beim Laden, was die Druckverhältnisse in Batteriepaketen verändert. Auch neue Herstellungsverfahren wie die Trockenbeschichtung erfordern angepasste Prüfmethoden, etwa zur Adhäsionsbewertung. Gleichzeitig gibt es in diesem Feld kaum Normen. Umso wichtiger ist unsere Erfahrung – mehr als 160 Jahre Prüftechnik – und die Fähigkeit, Verfahren aus anderen Bereichen zu adaptieren. In unserem spezialisierten Batterielabor in Ulm arbeiten wir gezielt an Prüfmethoden.

Battery-News: Wird es Ihrer Einschätzung nach bald Normen für Batterieprüfungen geben?
Vitzthum: Das ist schwierig vorherzusagen. Die Bandbreite der Zelltypen, Zellchemie und Zelldesigns ist derzeit zu groß und die Entwicklungsgeschwindigkeit zu hoch. Normen würden damit kaum Schritt halten können. Ich sehe eher Chancen für Normen auf Materialebene, etwa bei ultradünnen Folien. Wir haben vor kurzem beispielsweise einen Zugversuch an einer 4,5-Mikrometer-Folie vorgenommen – das ist eine ganz andere Herausforderung als bei einer herkömmlichen Stahlzugprobe.

„Wir haben ein Prüfgerät entwickelt, das gleichzeitig mechanische Kräfte misst, die Temperatur regelt und die elektrische Leitfähigkeit einer Elektrode bestimmt.“

Battery-News: Wie entwickeln Sie Ihre Prüfgeräte weiter, um allen diesen Anforderungen gerecht zu werden?
Vitzthum: Unser Antrieb ist, nicht nur Maschinen zu liefern, sondern echten Kundennutzen zu schaffen. Wir setzen dabei sowohl auf maßgeschneiderte Lösungen als auch auf standardisierte Prüfgeräte, die als Orientierung dienen können – gerade, weil es bisher kaum Standards gibt. Ein konkretes Beispiel: Wir haben ein Prüfgerät entwickelt, das gleichzeitig mechanische Kräfte misst, die Temperatur regelt und die elektrische Leitfähigkeit einer Elektrode bestimmt. Solche interdisziplinären Anforderungen sind typisch im Batteriebereich, und darauf richten wir uns gezielt aus.

Battery-News: Sie haben die Bedeutung der Universitäten erwähnt. Wie wichtig ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit für Sie?
Vitzthum: Die ist extrem wichtig. Wir arbeiten eng mit Hochschulen in Deutschland und im Ausland zusammen – sowohl in Forschungsprojekten als auch pragmatisch in Form von Gerätebereitstellung und eines gemeinsamen Austauschs. Die Batteriebranche ist interdisziplinär wie kaum ein anderes Feld. Chemiker, Elektrotechniker, Maschinenbauer, Physiker: Alle sind involviert. Wir hatten schon Prüfungen in flüssigen Medien oder bei hohen Temperaturen. Solche Anforderungen zeigen, wie breit das Spektrum ist – und wie wichtig die Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg.

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