„Es ist höchste Zeit für die nächste Disruption“

Während die Batterieforschung und die Batterieproduktion in Deutschland schweren Zeiten entgegensehen, eröffnet „theion“ mit seiner innovativen Schwefel-Kristall-Batterie in Berlin ein neues Technologiezentrum. Wie die Einrichtung die Forschung und Produktion vorantreiben soll, welche Herausforderungen es zu bewältigen gilt und welche Rolle die Technologie für die Elektromobilität und die Energiespeicherung spielen könnte, erklärt CEO Ulrich Ehmes im exklusiven Interview mit den Battery-News.

Die Batterieforschung in Deutschland fällt gerade fast in sich zusammen, kleinere Unternehmen müssen stellenweise aufgeben, und auch größere Unternehmen melden Verzögerungen im Aufbau ihrer Produktion. Wie kommt man ausgerechnet jetzt auf die Idee, mit einer disruptiven Technologie in den Batteriemarkt einzusteigen?

Wie vor 30 Jahren die Batterietechnologie sich disruptiv von Nickel-Cadmium auf Lithium-Ionen verändert hat, ist es jetzt höchste Zeit für die nächste Disruption. Wir müssen weg von teuren, schwer zu beschaffenden Aktiv-Materialien in Batterien hin zu solchen, die weltweit in großen Mengen und günstig verfügbar sind. Damit kommen wir auch aus der Abhängigkeit von China heraus. Mit Schwefel haben wir ein Material, das nicht nur extrem günstig ist, sondern auch noch eine fünfmal höhere spezifische Kapazität aufweist. Ideal geeignet also! Wir müssen nachhaltige und günstige Batteriezellen allen Menschen zugänglich machen. Dann gelingt auch die Energiewende. Und der Zeitpunkt dafür ist jetzt.

Haben Schwefel-Batterien das Potenzial, Lithium-Ionen-Batterien bald zu verdrängen?

Es ist unwahrscheinlich, dass schwefelbasierte Batterien quasi über Nacht die Lithium-Ionen-Akkus vollständig verdrängen. Wir sehen aber erhebliches Potenzial, wo Energiedichte und Kosten eine große Rolle spielen, wie bei allen mobilen Anwendungen und stationären Energiespeichern. Lithium-Ionen-Technologien werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber wir glauben, dass Schwefel-Batterien auf Dauer überlegen sind.

Viele Start-up-Unternehmen versprechen revolutionäre Technologien. Weshalb sollte „theion“ etwas schaffen, woran andere gescheitert sind?

Viele Start-up-Betriebe scheitern an der Komplexität und den Kosten der Batterieforschung und -produktion. Wir arbeiten allerdings mit einem relativ einfachen und kostengünstigen Material – Schwefel – und mit eleganten Prozessschritten, alles basierend auf den Gesetzen der Physik und der richtigen Materialauswahl. Letztlich kommt es natürlich auf das Team an, und das muss nicht groß sein. Die Kombination aus Erfahrung, Mut, Kompetenz und dem Willen, die berühmte Extra-Meile zu gehen, macht den Unterschied.

Ansprechend: „theion“-CEO Ulrich Ehmes bei der Einweihung des Berliner Technologiezentrums seines Unternehmens.
Werden durch den Einsatz von Schwefel langfristig auch die Herstellungskosten von Batterien spürbar sinken?

Ja, Schwefel als Kathodenmaterial ist mit 20 Cent pro Kilogramm ein extrem günstiges und weitverbreitetes Material, was die Produktionskosten unserer Batterien erheblich senkt. Das Kathodenmaterial macht heute mehr als 50 Prozent der Materialkosten einer Batteriezelle aus. Im Vergleich zu teuren und knappen Materialien wie Kobalt oder Nickel wie in NMC811 mit 20 Euro je Kilogramm, bieten unsere schwefelbasierten Batterien eine langfristig nachhaltige und kostengünstige Lösung. Daher peilen wir Preise für die Zellen von unter 40 Euro pro Kilowattstunde an.

Welche Hindernisse sehen Sie bei der Akzeptanz Ihrer Technologie in der Automobilindustrie, die tendenziell auf bewährte Technologien setzt?

Es ist schon richtig: Die Automobilindustrie setzt stark auf etablierte Technologien, aber auch hier gibt es einen klaren Trend hin zu Innovationen, die maßgeblich Kosten senken und die Reichweite erhöhen können. Unsere Technologie bietet genau das. Der Markt wird sich schrittweise für diese Lösungen öffnen, vor allem, wenn die Nachfrage nach höheren Reichweiten und günstigeren Batterien weiter steigt und es materialseitig zu Engpässen kommt. Da Schwefel ein Abfallprodukt ist, ist die CO₂-Bilanz im Vergleich mit heutigen Kathodenmaterialien unschlagbar. Wir sind die Upcycler von Schwefel zu Batterien.

Sieht „theion“ sich als reines Batterie-Unternehmen oder soll die Technologie auch in anderen Märkten zum Einsatz kommen, etwa in der Raumfahrt oder in stationären Energiespeichern?

Wir sind ein Batterie-Unternehmen und sehen unsere Technologie als universell einsetzbar an. Wir sind allerdings flexibel darin, wie wir unsere Technologie vermarkten werden. Das kann über reine Zellfertigung geschehen, aber auch über die Lizenzierung unserer Technologie.

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