
Autor: Christian Offermanns
Veröffentlicht: 29.06.2019
Die Forschungsfertigung Batteriezelle verfolgt klare Ziele. Sie soll die Voraussetzung für eine Batteriezellfertigung in Deutschland schaffen sowie deren Bestand in der Zukunft sichern. Zukünftige Batteriezelldesigns sollen frühzeitig auf einer skalierten Anlage getestet und erprobt werden, um den Anlauf in der industriellen Fertigung von Batteriezellen möglichst gering zu halten. Damit sollen wesentliche Kosten in der industriellen Fertigung eingespart werden und in Folge dessen ein qualitäts- und kostenoptimiertes Produkt angeboten werden. Während die Fraunhofer Gesellschaft das notwendige Ecosystem für die Umsetzung stellt, sollen sowohl Forschungsinstitute, als auch Industrieunternehmen bei der Umsetzung der Forschungsfertigung Batteriezelle mitwirken.
Die Landesregierung hat die Bewerbung des Standorts Münster von Beginn an intensiv begleitet und unterstützt. Für den Aufbau und den Betrieb der „Forschungsfertigung Batteriezelle“ wird das Land insgesamt mehr als 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Nordrhein-Westfalen stellt ein bundesweites Exzellenzzentrum in der Batteriezellforschung und Produktionstechnologie. Herausragende Spitzenforscher wie Professor Martin Winter aus Münster (Leitung MEET) sowie seine Aachener Kollegen Professor Günther Schuh und Professor Achim Kampker (RWTH Aachen) sind international führende Experten auf ihrem Gebiet. „Eine Serienproduktion von großen Batteriezellen in Deutschland stellt ein bislang noch fehlendes Element in wichtigen Wertschöpfungsketten dar, die Anwendungen mit Energiespeicherung beinhalten – wie die Elektromobilität,“ so Prof. Dr. Achim Kampker, Mitinitiator der Standortbewertung.
Die Freude auf der einen Seite, großes Ärgernis auf der anderen Seite. Die Standortentscheidung für die Forschungsfertigung Batteriezelle hat für großen Diskussionsstoff auf Landes- und Bundesebene gesorgt. Die nicht zum Zuge gekommen Bundesländer haben sich unmittelbar an Kanzlerin Angela Merkel gewandt und die Begründung für den Standortentscheid durch Bundesministerin Karliczek in Frage gestellt. Die Ministerpräsidenten Stephan Weil (Niedersachsen), Markus Söder (Bayern) sowie Winfried Kretschmann (Grüne) sehen die als Begründung für den Entscheid angegeben Vorteile des Münsterlandes als eigentliche Nachteile. Ihr Wettbewerbsvorschlag würde durch die Nutzung bestehender Infrastruktur deutlich schneller zu besseren Ergebnissen führen und Deutschland endlich zur Aufholjagd im Bereich der Batterietechnik befähigen. Eine Gutachten der in Zukunft leitenden Fraunhofer-Gesellschaft falle ebenfalls pro Konsortium Ulm, Augsburg und Salzgitter aus. Darüber hinaus wird der Vorwurf geäußert, dass die Nahe zu Karliczeks Wahlkreis eine Rolle gespielt haben könnte und somit mehr politisches Kalkül denn echte Forschungsförderung im Vordergrund stand. Niedersachsens Ministerpräsident spricht von einer vertanen Chance, den Osten weiter zu fördern. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wies die Argumente seiner Amtskollegen scharf zurück.
In einem Interview mit dem Morgenmagazin hat sich Anja Karliczek zur umstrittenen Vergabe (unser Bericht) nach Münster geäußert.
Wir haben Ihre wichtigsten Argumente zu den drei zentralen Kritikpunkten kurz zusammengefasst:
1. Kritikpunkt
Warum wurde der Osten nicht entsprechend dem Programm der Bundesregierung gefördert?
Anja Karliczek:
Bei der Standortvergabe sei auf eine möglichst schnelle Umsetzbarkeit geachtet worden. Die „Exzellenz des Batterieforschungs-Know-How“ müsse genutzt werden und dementsprechend sei dies der wichtigste Faktor gewesen.
2. Kritikpunkt
Wieso wurde nicht gemäß der Expertenkommission entschieden?
Anja Karliczek:
Die Expertenkommission sollte entsprechend der Planung kein Votum bzw. eine Entscheidung abgeben. Hier handele es sich um eine Falschmeldung
3. Kritikpunkt
Der Wahlkreis von Anja Karliczek profitiert besonders. Handelt es sich um ein verstecktes Konjunkturpaket?
Anja Karliczek:
Der Ort der Recyclings habe keinen bzw. mininalen Einfluss gehabt und das von Münster vorgelegte Gesamtkonzept habe in allen Themen überzeugt. Der Standort selbst habe keinen Einfluss im dreiteiligen Prozess gehabt. Letztendlich sei Entscheidung in Zusammenarbeit der Fachabteilung des BMBF und des Bundeswirtschaftsministeriums getroffen worden und definitiv nicht von ihrer Person getroffen worden.
Das vollständige Interview ist abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-561643~player_branded-true.html